20 Jul Interview mit ARTS Product Assurance Manager
ARTS beschäftigt viele interessante Persönlichkeiten bei verschiedenen Kunden im Luft- und Raumfahrt Sektor. Besonders spannend sind die Geschichten unserer Kollegen aus dem Bereich Defence and Space, die zum Beispiel für Airbus arbeiten. In diesem Interview spricht ein Kollege aus der Abteilung Product Assurance über seine tägliche Arbeit.
Von der Luftwaffe zum Versorgungsraumschiff für die Internationale Raumstation (ISS)
Wie bist du zur Luftfahrt gekommen?
Ich war schon in meiner Jugend technisch sehr versiert, aber zur Fliegerei bin ich eher zufällig gekommen. Ich wollte zur Bundeswehr und ein Freund unserer Familie und ehemaliger Offizier hat mich von der Luftwaffe überzeugt. Also habe ich mich dort als 19-Jähriger beworben, bin zur Eignungsprüfung gegangen und dann eingetreten. Ich habe mich sofort für vier Jahre bei der Luftwaffe verpflichtet und meine erste Ausbildung als Fluggerätmechaniker auf dem F104G Starfighter absolviert. Damals habe ich sofort die Faszination und Begeisterung gespürt, die die Luft- und Raumfahrt in mir ausgelöst hat und die mich bis heute nicht losgelassen hat.
Es folgten verschiedene Stationen: Von der kleinen Regionalfluggesellschaft Delta Air (später Deutsche BA und Air Berlin), bis zur Zeppelin Luftschifftechnik GmbH. Hier konnte ich maßgeblich an der Produktion des ersten Serien Luftschiffs LZ NT07 mitwirken.
Das war für mich eine besonders spannende und herausfordernde Zeit, denn der Bau eines Zeppelins (Starrluftschiff) ist in keiner Weise mit dem Bau eines Flugzeugs zu vergleichen. Pioniergeist war gefragt, denn bei der Erprobung des Prototyps mussten wir auch einige technische Rückschläge verkraften, die wir beim Seitenschiff verbessern konnten und schließlich das erste Luftschiff nach Japan überführten.
Warum hast du danach die Luftfahrt für kurze Zeit verlassen?
Anfang der 2000er Jahre gab es einen regelrechten Boom im Webdesign, bei dem ich meine Kreativität entfalten konnte. Ich gründete meine eigene kleine Agentur und gestaltete und programmierte individuelle Websites für kleine und mittelständische Unternehmen. Ab Mitte der 2000er Jahre wurden die „handgemachten“ Homepages nach und nach durch Baukasten-Plattformen ersetzt, so dass es mich wieder zu meiner Leidenschaft, der Luft- und Raumfahrt, zog.
Es folgten mehrere Jahre in der Luftfahrt als EASA/LBA-lizenzierter Prüfer von Luftfahrtgerät, Bordtechniker bei div. Spezial-Flügen, Engineering Manager bis hin zur Leitung der Qualitätssicherung. Schließlich kam ich zu Airbus Defence and Space als Product Assurance Manager für Raumfahrt Ausrüstung.
Transfer Vehicle, MetOp-SG und EUCLID - 3 unterschiedliche, aber faszinierende Weltraumprojekte
Welche Projekte betreust du bei Airbus Defence and Space?
Die jeweiligen Projekt-Kernteams sind mit 5-6 Mitarbeitern aus verschiedenen Abteilungen besetzt. In meiner Funktion als PA Manager bin ich Mitglied der Kernteams und betreue derzeit 3 verschiedene Raumfahrtprojekte. Als Product Assurance Manager bin ich für die Einhaltung der Qualitätsstandards bei der Produktion, die Dokumentation sowie für die Gesamtheit aller Module vor der Auslieferung an den Kunden verantwortlich. Jedes Projekt ist auf seine eigene Weise spannend und macht einfach Spaß!
Eines meiner Projekte ist das H-2 Transfer Vehicle (HTV). Das HTV ist ein Projekt, das von der japanischen Raumfahrtbehörde (JAXA) und Mitsubishi Heavy Industries (MELCO) in Auftrag gegeben wurde. Diese unbemannten Versorgungsraumschiffe versorgen jährlich die Besatzung der Internationalen Raumstation (ISS) mit elektrischen und elektronischen Geräten, Trinkwasser, Lebensmitteln usw. und werden mit einer H-2B-Rakete vom Weltraumbahnhof Tanegashima im Süden Japans in die Umlaufbahn zur ISS gebracht. Nach einer Andockdauer von 30-60 Tagen an der ISS wird das HTV mit den nicht mehr benötigten Ausrüstungsgegenständen beladen und zu einem kontrollierten Verglühen in der Erdatmosphäre gebracht. Airbus entwickelt und produziert die für das HTV erforderlichen Power Control Units (PCU) und Heater Control Units (HCE). In diese Module sind viele Jahre der Forschung und Entwicklung geflossen, und in der Vergangenheit wurden Module für 9 HTV-Missionen geliefert, die alle erfolgreich abgeschlossen wurden.
Mein zweites Projekt ist ein ESA-Projekt, das von der Europäischen Weltraumorganisation in Auftrag gegeben wurde: MetOp-SG. Dabei handelt es sich um Wettersatelliten, die die Erde in einer erdnahen polaren Umlaufbahn umkreisen. Der Start ins All ist für 2022 geplant. Für diese Satelliten entwickeln und produzieren wir den High Power Amplifier (HPA).
Das dritte Projekt, an dem ich derzeit arbeite, ist EUCLID. Ein ESA-Weltraumteleskop zur Erforschung der sogenannten dunklen Energie und Materie. Airbus entwickelt und baut zu diesem Zweck die Mass Memory Unit (Massenspeichereinheit MMU). Das Weltraumteleskop soll im Juni 2022 mit einer Sojus-Rakete von Kourou aus starten und nach etwa 30 Tagen sein Ziel, den zweiten Lagrange-Punkt (L2) im Erde-Sonne-System, erreichen.
Airbus Defence and Space ist ein internationales Unternehmen, spiegelt sich das auch in deinem Projektteam wider?
Die Kommunikation in den Projektteams erfolgt meist auf Englisch, da einige der Teamkollegen auch aus anderen EU-Ländern stammen. Ebenso Kundenmeetings und -Besprechungen finden größtenteils auf Englisch statt, da einige unserer Kunden auf der anderen Seite der Welt ansässig sind. Jedes dieser Projektteams besteht aus einer gemischten Truppe von Experten und der Teamgeist ist einfach unglaublich – vielleicht ist das der Grund dafür. Jeder gibt immer sein Bestes und wächst jeden Tag über sich hinaus. Im Projektteam sind wir alle auf einer Ebene.
Mit welchen Herausforderungen bist du während der Projekte konfrontiert?
Bei den meisten Projekten ist der Zeitfaktor besonders wichtig, weil sie eine feste Deadline haben, z. B. einen festen Starttermin, und nicht viel Zeitpuffer bis zum Ende des Projekts und zur Auslieferung zur Verfügung steht. Daraus ergibt sich oft die Notwendigkeit, verlorene Zeit aufgrund möglicher Probleme bei der Beschaffung oder Produktion aufzuholen. Dies erfordert in der Regel zusätzliche Arbeit und Flexibilität.
Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass wir nach höchsten Qualitätsstandards arbeiten. Fehler oder Ungenauigkeiten müssen so weit wie möglich vermieden und gegebenenfalls korrigiert, dokumentiert und mit dem Kunden besprochen werden. Dies ist immer zeitaufwendig und verursacht auch erhöhte Kosten.
Sind Sie an einem spannenden Job in der Luft- und Raumfahrt interessiert? Dann stöbern Sie gern in unserem Karrierebereich nach einer passenden Position.